Bahnhof Poppenburg

 

Bahnhof Poppenburg

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Vorbemerkungen

Im Dezember des Jahres 1835 wurde für die deutsche Bahn Geschichte geschrieben.
Am 7.12.1835 fuhr die erste deutsche Eisenbahn auf einer 6,2 km langen Strecke zwischen Nürnberg und Fürth, mit einer damals unglaublichen Geschwindigkeit von ca. 35 km/h, in den darauffolgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Eisenbahn zu einem ungeahnten Wirtschaftsfaktor und Massentransportmittel. Aber auch die Lebensverhältnisse der Menschen wurden dadurch enorm beeinflusst, es schaffte u.a. viele Arbeitsplätze und eine bis dahin nicht gekannte Mobilität.
Waren es am Anfang 6,2 km Streckenlänge, so beträgt diese heute in Deutschland 61.000 km.
Im Zuge dieses Ausbaus waren dann auch Bahnhöfe erforderlich, von denen heute schon wieder viele abgerissen worden sind, so auch der Bahnhof Poppenburg. Seine Geschichte soll hier festgehalten werden.

Bau der Gleisanlagen:

Auf Grund einer Verfügung der „königlichen Eisenbahndirektion Hannover“ ist mit dem Bau der Eisenbahn im Streckenabschnitt zwischen Hannover und Alfeld im Jahr 1851 begonnen worden. Die Strecke wurde im zweigleisigen Ausbau erstellt. Am 30.4.1853 war es dann soweit, die Strecke wurde offiziell für den Verkehr freigegeben. Gleichzeitig wurde auch die Strecke Nordstemmen-Hildesheim freigegeben und mit einem großen Zeremoniell in Nordstemmen begangen.
Der weitere Ausbau bis nach Göttingen erfolgte 1854 und bis nach Kassel im Jahr 1856.

Bahnhofsgebäude
Laut Protokollbuch der Gemeinde Burgstemmen vom 12.6.1899 wird seitens der Eisenbahn-Direktion zu Hannover bestätigt, eine Personen und Güterhaltestelle an der Überfahrt nach Wülfingen einzurichten ,unter der Bedingung, dass die beteiligten Gemeinden einen extraordinären Beitrag dazu leisten. Die Gemeinde Burgstemmen stellte 3000 Mark in Aussicht. Der Betrag sollte bei der Kreissparkasse Gronau angeliehen werden.

Am 1.10.1902 wurde mit dem fertiggestellten Bahnhofsgebäude der Personenbetrieb aufgenommen werden. Das Bahnhofsgebäude war allerdings nur in einfacher Holzbauweise erstellt worden. Es verfügte über einen Fahrkartenschalterraum und über einen Güterschuppen.
Für acht Jahrzehnte war er damit eine zentrale Verbindungsmöglichkeit für Schüler und Berufstätige nach Hildesheim und Hannover.
Aber bereits am 31.5.1963 war der Schalterbetrieb eingestellt worden. Seit diesem Zeitpunkt gab es keine Bedienung mehr in Poppenburg, gleichwohl blieb die Haltestelle noch bis 1983 bestehen.
Im November 1972 wurde das gesamte Gebäude bei einem heftigen Herbststurm zerstört und anschließend vollständig abgebrochen.


Güterverladung

Für die Güterverladung war es erforderlich ein Verladegleis und eine Ladestraße zu bauen, diese müssen um 1900 gebaut worden sein. Im Zuge des Neubaus des Bildstellwerkes 1951 und dem Bau der Überholgleise wurde das Verladegleis abgebrochen.
Zum Wiegen der Güter war auch eine Fuhrwerkswaage mit Wiegehäuschen gebaut worden. (Das Wiegehäuschen steht noch heute)

Schwerpunkt in den ersten Jahren war die Verladung von Zuckerrüben und anderen Erzeugnissen.

Dem Beschädigungsbuch der Bahn von 1958 können wir u.a. folgende beförderte Waren entnehmen:
Karton Wein, Ofen, Autolack, Zigarren, Waschautomat, Kinderwagen, Kälber, Moped, Fass Leim, Förderschnecke, Briketts

Landbau-Genossenschaft
Ab 1920 hatte dann auch die Landbau-Genossenschaft Burgstemmen diese Verladestelle über Jahrzehnte hinweg genutzt. So wurden hier in großen Mengen Brennmaterial (Kohlen, Briketts ) für die Mitglieder der Genossenschaft angeliefert und verteilt.
Das Waagehaus wurde 1946 der Zuckerfabrik abgekauft.
Auszug aus dem Protokollbuch vom 7.Mai 1944
Zum Punkt Kohlenfrage gab der Geschäftsführer bekannt, das alles getan wird, um die ausgebliebene Restmenge von 29t aus 1943/44 noch hereinzuholen.
Die Kürzung von 20 t Kohlen und 20 t Briketts für das Jahr 1944/45 wird als zu hart empfunden.
Die Allgemeinheit der Versammelten steht vor dem Nichts!
Erst mit dem verstärkten Einsatz von Heizöl (1966) in den Heizungsanlagen wurde die Anlieferung nach und nach eingestellt.
Die Landbau-Genossenschaft wurde im Jahr 2006 aufgelöst.

Bildstellwerk

Auf Grund der dichten Zugfolge (220 Zugpaare täglich) speziell in dem Streckenabschnitt Elze -Nordstemmen, hier vereinigen sich die Nord-Süd und die West-Oststrecke, war es notwendig geworden Überholgleise zu bauen, um eine Überholung langsam fahrender Züge zu ermöglichen.
1950/51 erfolgten daher umfangreiche Arbeiten, zwei weitere Gleise als Überholgleise einzubauen. Dazu waren zwischen dem Bahnhof und der Leinebrücke in Richtung Nordstemmen die Gleisanlagen verbreitert und gleichzeitig die Technik (neue Weichen, elektrische Signalanlagen) überarbeitet worden.

Um den technischen Neuerungen Rechnung zu tragen, war auch der Bau eines neuen Bildstellwerkes notwendig geworden. Hierzu wurde ein Neubau erstellt, in dem die neuen elektrischen Bedienelemente, die alten, mechanischen Schalthebel ablösten. Es war eines der ersten Bildstellwerke der Bundesbahn.

In diesem Zusammenhang wurde auch die Schranke an der B 1 nicht mehr von Hand bedient, sondern elektrisch betätigt.

Elektrifizierung

Waren die Züge bisher überwiegend durch kohlebefeuerte Lokomotiven gezogen, die erhebliche Mengen Ruß abgaben, entwickelte sich mit der fortschreitenden Technisierung und ersten Umweltgedanken eine neue Antriebsmöglichkeit.
1963 wurde daher die Bahnstrecke elektrifiziert und nun wurden die Züge von strombetriebenen Lokomotiven gezogen.
In diesem Zusammenhang wurden dann die 1951 gebauten Überholgleise wieder entfernt.

Überführung

Im Zuge der Bahnüberführung (1983) wurde 1984 das Bildstellwerk abgerissen und die Schranke geschlossen.

Karl-Heinz Bertram
Ortsheimatpfleger
Quellen: Leine-Deister-Zeitung


Bahnhofsgebäude und Gleisübergang

Bildstellwerk Einweihung 1951

Ein Gedanke zu „Bahnhof Poppenburg“

  1. Das Stellwerk in Poppenburg war eines von mehreren Versuchsstellwerken der Bauart “DRI”. Die Stellwerke wurden gebaut um eine nennenswerte Einsparung an Personal zu erzielen. Dies hinsichtlich Bedien- wie auch Wartungspersonal. Der wesentliche Unterschied zu mechanischen wie auch elektromechanischen Stellwerken bestand darin, dass durch die Züge selbständig gemeldet wurde ob das Gleis frei oder besetzt war. Nur bei freien Gleisen konnte eine Fahrt freigegeben werden. Zudem bediente der Fahrdienstleiter die Weichen und Signale durch einen einfachen Tastendruck auf einem Stellpult welches schematisch den Gleisplan des Bahnhofes zeigte.
    Nur wenn alle Bedingungen für eine Zugfahrt erfüllt waren (also alle Weichen richtig lagen und sich kein anderes Fahrzeug im Gleis befand) wurde “Fahrt frei” für den Ein- oder ausfahrenden Zug gegeben.
    Dies bedetete einen erheblichen Sicherheitsgewinn da man nicht auf die Beurteilung durch “Augenschein” angewiesen war (bei der Prüfung ob das Gleis frei war).
    Die Arbeit auf dem Stellwerk war jedoch relativ anstrengend, nicht durch die Arbeit, viel mehr durch die vielen Besucher aus den “Führungsetagen” der DB und anderer Bahnen die sich die technischen Einzelheiten erklären ließen.
    Zusätzlich zu dem Stellwerk in Poppenburg gab es ähnliche Stellwerke u.a. auch in Osnabrück, Wiesbaden und in ca. 10 anderen Bahnhöfen. Hierbei wurden verschiedene Bauformen und Änderungen der Schaltungstechnik ausprobiert, die später in eine Serienproduktion von Spurplanstellwerken einflossen.
    Ansonsten bestand eine Besonderheit des Überholgleises darin dass es zwischen den Hauptgleisen angeordnet war. Bei Überholungen entfiel dadurch die ggf. nötige Kreuzung des anderen Hauptgleises und das Gleis war für beide Richtungen ohne Probleme nutzbar.

    Der Abbau des Überholgleises war möglich nach der Elektrifizierung da sich die Geschwindigkeiten von Güter- und Reisezügen mehr und mehr anglichen und daher keine Notwendigkeit dafür mehr bestand da ja eine Überholung in Nordstemmen oder Elze stattfinden konnte, jedoch in Nordstemmen nur durch Kreuzung des Nord-Süd-Hauptgleises.

    Nach dem Bau der B 1 – Brücke wurde der Bahnhof komplett sowohl als Haltepunkt wie auch als Bahnhof aufgelassen. Die Zugfolge wurde auf dem Abschnitt Nordstemmen durch automatisch Blocksignale (die normalerweise keinen Eingriff der Fahrdienstleiter Nordstemmen oder Elze erfordern) geregelt. Die entsprechend notwendigen Schaltanlagen wurden in die Gleisbildstellwerke Nordstemmen und Elze integriert.

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