Die Poppenburg
Wer von Westen, auf dem alten Heerweg, der heutigen B1, nach Burgstemmen kommt, wird mit dem imposanten Anblick der Poppenburg hoch über dem Leinetal belohnt. Sie war an strategisch günstiger Stelle, der Leinequerung, errichtet worden.
Den Anfang nahm die Geschichte der Poppenburg im Jahre 1046, als Kaiser Heinrich III das Gut Bobbenburg dem Bischof Azelin von Hildesheim schenkte.
Damit war die Geschichte der Poppenburg auf das Engste mit dem Bistum Hildesheim verbunden.
Im Laufe der folgenden Jahrhunderte wurde die Burg unter den Hildesheimer Bischöfen ständig verstärkt und zu einer wehrhaften Burganlage ausgebaut.
Die ersten Lehnsnehmer waren wahrscheinlich seit 1068 die Grafen von Poppenburg. Zahlreiche Lehnsnehmer folgten den Grafen, u.a. die Bock von Wülfingen, Hans von Reden, Heinrich von Saldern.
Von entscheidender Bedeutung war, im Jahr 1235, auf dem Reichstag zu Mainz, die Erhebung des Bistums Hildesheim in den Stand eines Fürstbistums. Der Fürstbischof war nun sowohl kirchlicher als auch weltlicher Souverän in seinem Bistum.
Diese Erhebung hatte aber auch zur Folge, dass für die nächsten Jahrhunderte der Keim für die machtpolitischen Nachbarschafts-kämpfe mit den Herzögen von Braunschweig-Lüneburg (Welfen) gelegt wurde.
Im Jahr 1240 konnte Fürstbischof Konrad II einen Teil der Poppenburg und 10 Hufen (75ha) Land kaufen; dadurch war es nun notwendig geworden, neue Wirtschafts-gebäude (Amtshof) und einen Wohnflügel bauen zu lassen.
Als Graf Widukind von Poppenburg im Jahre 1275 kinderlos verstarb, fiel sein Lehen an den Bischof von Hildesheim zurück.
Die dauernden Rivalitäten zwischen dem Hildesheimer Fürstbischof Gerhard und den Welfen führten 1367 zur Schlacht bei Dinklar, aus der der Fürstbischof als Sieger hervorging. Viele Adlige wurden gefangen genommen, die sich, durch Lösegeldzahlungen an den Fürstbischof, ihre Freilassungen wieder erkauften. Diese verbesserten finanziellen Möglichkeiten nutzte der Fürstbischof u.a. zum Ausbau der Poppenburg als wehrhafte Burganlage. Er ließ den mächtigen, drei-stöckigen Palas, die heutige St. Joseph-Kirche, bauen.
Auch von dem nächsten kriegerischen Akt, der Hildes-heimer Stiftsfehde (1519-1523), war die Poppenburg betroffen. Der Fürstbischof verlor den machtpolitischen Kampf gegen die Welfen. Von seinen 22 Ämtern hatte das Bistum 18 Ämter abzugeben.
Damit kam auch die Poppenburg (Amt) unter die Herrschaft des Welfenherzogs Erich I von Calenberg.
Der bisherige Pfandinhaber, Hans von Reden, hatte während der Kämpfe die Burg kampflos übergeben, in der Hoffnung weiterhin Lehnsnehmer bleiben zu können. Er wurde jedoch abgesetzt und verlor damit seine Pfand-summe in Höhe von 12.000 Gulden.
Der 30jährige Krieg (1618-1648) brachte erneute Veränderungen für die Poppenburg mit sich. Zunächst durch die Kriegswirren, da die Söldnerheere alles Vieh, Getreide und Holz geplündert hatten, so dass auch kein Aussaatgetreide für eine neue Ernte vorhanden war.
Mitten in diesen Wirren erhielt das Bistum Hildesheim 1629 das Amt Poppenburg zurück.
Sowohl der protestantische Pfandinhaber als auch der evangelische Pfarrer wurden abgesetzt und durch den katholischen Amtmann von Vorst ersetzt. Dieser stammte aus dem Raum Köln und konnte daher Getreide und Vieh mitbringen.
Nach dem Ende des Krieges waren die Gebäude schwer beschädigt und es waren umfangreiche Instandsetzungs-arbeiten und Umbauten notwendig geworden. Daraus ergibt sich das heutige Gebäudebild.
Die Rekatholisierungsmaßnahmen, auch durch von Vorst und seinen Nachfolgern gefördert, führten zu einem Anstieg der Einwohner katholischen Glaubens. Der bisherige Betsaal wurde zu einer kleinen Kapelle erweitert, reichte jedoch nach Jahrzehnten nicht mehr aus, sodass ein größeres Gotteshaus erforderlich wurde.
1785 wurde unter Fürstbischof Friedrich Wilhelm der Palas, der zwischen zeitlich als Brauhaus und Kornspeicher gedient hatte, zu einer Kirche, die dem heiligen Joseph gewidmet wurde, umgebaut. Noch heute ist das Wappenschild des Fürstbischofs an der Orgelempore zu sehen.
Heute wird die Kirche nur noch gelegentlich genutzt, da 1971 eine neue katholische Kirche in Nordstemmen gebaut wurde.
Mit der Säkularisation 1803 wurde der Staat nun Eigentümer der Poppenburg.
1964 beschloss der Landtag in Hannover den Verkauf der Poppenburg einschließlich der Domäne. Die land-wirtschaftlichen Flächen wurden an ortsansässige Landwirte und an vier neu entstandene Aussiedlerhöfe verkauft.
Die Wohngebäude mit Park kauften die Diakonischen Werke Himmelsthür, die hier eine Wohnstätte für behinderte Menschen eingerichtet haben.
Mit dem Niedersachsen-Konkordat von 1965 wurde dem Bistum Hildesheim die St Joseph-Kirche wieder rückübertragen.
Karl-Heinz Bertram
Juni 2016
Quelle: Burgstemmen, Karl Kirsch